… und mixen wir uns ein paar Klassiker (s. u.). Für die Altvorderen war Rum in Form von Grog die Wunderwaffe gegen den Winter. Für die Jüngeren ist er ganzjährig der Stoff, aus dem die Tropenträume sind.
Für den unvergessenen Komiker Heinz Erhardt war klar, wo das Wort herkommt. „Herr Ober, ich möchte gern Rumkugeln“, sagt er in einem seiner Sketche, worauf der Kellner antwortet: „Ja gerne, aber tun Sie das doch bitte draußen im Garten“. „Rum“ kommt also von „Rumkugeln“ und bezeichnet ein unkoordiniertes Tollen und Zappeln.
Titelfoto: MOUNT GAY
So falsch liegt er da nicht, der gute Heinz Erhardt. Die Bezeichnung für den karibischen Zuckerrohrschnaps könnte die Abkürzung des Begriffes „Rumbuillon“ sein, was in der britischen Seefahrt so viel bedeutet wie Tumult, Krawall oder Krach. Vermutlich kugelten die Seeleute ganz viel rum, nachdem sie viel Rum getrunken hatten. Aber erst mal der Reihe nach.
Würden Sie gern mal eine Riesenparty geben? Kein Problem. Reichen Sie Punsch. Hier das Rezept für 300 Herren mit Begleitung: Acht Tonnen Rum, acht Tonnen Wasser, 80 Maß Zitronensaft, 30 Zentner Zucker, 10 Fässchen Malagawein und fünf Pfund Zimt.
Wenn Sie es machen wollen wie weiland der englische Admiral Edward Russel anno 1694, bereiten Sie einfach die Mischung in ihrem Swimmingpool zu. Dem Gag, den sich der Seelord ausdachte, ist leicht nachzueifern: Auf den rotglühenden Fluten schaukelte ein Boot. Darin saß der Admiral, statt mit Rudern mit einem silbernen Schöpflöffel, und teilte das flüssige Labsal aus.
Keine Paradeuniform zur Hand? Auch kein Problem, eine Prinz-Heinrich-Mütze à la Helmut Schmidt tut es auch. Spätestens wenn das Boot auf dem Trockenen ankommt, sehen ihre Gäste über solche historischen Ungenauigkeiten hinweg.
Wer es etwas kleiner anfangen möchte, aber trotzdem die Gäste mit einem Admirals-Drink verwöhnen möchte, dem sei dieses Rezept empfohlen:
Admiral Edward Russell’s Punch (for one)
Brew some earl grey tea, remove the tea bag after a minute or two so it’s nice and light. Mix 4 parts of this with 4 parts any brandy, 2 parts lemon juice, 1 part sugar syrup and 2 parts of Oloroso sherry. Grate in nutmeg to taste. Stir with ice and strain over ice into a short cup, garnish with berries.
Und vielleicht erinnert sich jemand einer anderen historischen Persönlichkeit, die dem Rum auf besondere Weise zugetan war und deren Beispiel auch heutigen Regierungschefs und Staatsoberhäuptern empfohlen sei: George Washington, der erste amerikanische Präsident, schätzte die Überzeugungskraft des Rums so hoch ein, dass er 75 Gallonen unter das Wahlvolk verteilen ließ. So gewinnt man Wahlen! Washington blieb dem Rum auch privat zugetan, wie es heißt, in folgender Mischung: One of sour, two of sweet, three of strong and four of weak. Um sich jederzeit „einmal sauer, zweimal süß, dreimal stark und viermal schwach“ mixen zu können, hielt er stets ein Quantum Zitronen, einen Topf Zuckersirup nebst einen Fässchen Rum in seiner Nähe. Die Geschichte des Rums ist eine Story obskurer Ereignisse.
Schon der Name des „westindischen Weins“ deutet auf abenteuerliche Herkunft. Der früheste Bericht über den Zuckerrohrschnaps stammt von der Insel Barbados, der östlichsten der kleinen Antillen. In dem 1647 geschriebenen Buch wird er als „killdevil“ bezeichnet, wohl deshalb, weil die frühen Destillate in der unveredelten Form streng genug waren, um selbst Satan einen Funken Respekt einzuflössen. In einer Veröffentlichung von 1780 wird der „killdevil“ als junges Destillat geschildert, das so rauschend ist, dass es schon viele, besonders Neuankömmlinge, auf den westindischen Inseln schlicht niederstreckte, wenn sie zuviel davon tranken.
Aber es gibt auch Zeugnisse, die das Elixier mit seriösen Namen in Verbindung bringen: Rum kommt von Roma, wurde gemutmaßt, denn Roma ist das Sanskritwort für Wasser. Andere Rumforscher glauben, rum (oder Französisch: Rhum) stamme von dem malaiischen „brum“, einem Likör aus vergorenem Zuckerrohrsaft. Eine andere Gruppe meint, Rum käme von „rheum“, was so viel wie fließen heißt, oder von der Endsilbe des lateinischen Wortes für Zuckerrohr, Saccharum. Die wahrscheinlichste Deutung stammt aus einem 1651 verfassten Buch, ebenfalls aus Barbados. Hier wird die „feurige, abscheuliche und schreckliche Flüssigkeit“ Rumbullion oder Rumbustion genannt, was soviel wie Aufruhr und Tumult (s. o.) heißt. Die Hersteller des begehrten Getränks müssen häufig erlebt haben, wie die Konsumenten ihres Destillats, Piraten und andere Abenteurer, anfingen, zu „rumoren“.
Rum kommt aus all jenen Ländern, in denen Zuckerrohr wächst; aus Australien, Guayana, Madagaskar und Mauritius; vor allem aber von den großen und kleinen Antillen, also aus Kuba, Jamaika, Haiti, der Dominikanischen Republik, Puerto Rico, St. Thomas, St. Croix, Martinique, Barbados und Trinidad.
Jeder Rumhersteller hat sein spezielles Aroma-Geheimnis. Entscheidend für die Komposition ist nicht nur die Mischung des zuerst abdestillierten „high wine“ mit dem später anfallenden „low wine“. Bereits die Fermente in den Gärbottichen sind entscheidend. Um den Duft des einstigen Seeräubertranks zu bereichern, fügen einige Hersteller dem mit Zuckercouleur (Karamell) braungefärbten Destillat noch besondere Substanzen zu: in Jamaika frisch ausgepressten Zuckerrohrsaft oder Ananasmaische, in Madagaskar Kleeblätter, auf Barbados Pflaumenauszüge, woanders auch Akazienrinde oder Pfirsichblätter. Rum, so behaupten viele Rumliebhaber, werde in seiner Aromaintensität von keiner anderen Spirituosen der Welt übertroffen.
Wie kam Rum nach Kuba? Am 11. Oktober 1492, 33 Tage nach Verlassen der Kanarischen Inseln, traf Kolumbus auf Kuba. Auf seiner zweiten Reise nach Westindien beglückte er die Inselbewohner mit Zuckerrohrsprösslingen. Hier, so meinte Kolumbus, seien Klima und Bodenverhältnisse besonders geeignet für den Anbau von Zuckerrohr.
Bis ins 17. Jahrhundert war Zucker in Europa eine Luxusware. Selbst Melasse blieb knapp, für die Herstellung von Rum blieb nichts übrig. Erst als die Segler der Alten Welt den Warenaustausch mit den Inseln der Neuen Welt ausweiteten, kamen auch ausreichende Mengen von Zucker und Rum nach Europa. Bis 1848 bauten die Spanier in Havanna, Matanzas und Cárdenas moderne Brennereien. Und bis zur Gründung der berühmten Rum-Destillation des Spaniers Facundo Bacardi im Jahre 1862 wurden die verschiedensten Techniken der Zubereitung ausprobiert. Resultat: „El Ron de Cuba“, ein leichter, subtiler Rum. Das Elixier „Made in Cuba“ eroberte vor allem als Basis für unzählige Cocktails die Stätten gehobener Trinkkultur – und das, weltweit.
Vor der Revolution 1959 bestimmte die Familie Bacardi den Rum-Markt auf Kuba. Nach der Verstaatlichung, ein Jahr später, verließ die Familie die Zuckerrohr-Insel und nahm die Handelsrechte für ihre Marke mit nach Puerto Rico – der Rum selbst blieb auf Kuba. Hier reift er nach wie vor prächtig. Freilich mit einem anderen Label: Havana Club.
Das Ende der Rum-Welle wird immer wieder vorhergesagt, wird aber auf sich warten lassen. Die Begründung dafür ist einfach, sie heißt Assimilation an den Zeitgeist. Der Rum der frühen Jahre war ein ungehobelter Bursche, eher in Stürmen zu Hause als in der First Class. Zwischen den Kriegen mutierte er zum unverzichtbaren Bestandteil der meisten Cocktails, und nach dem Krieg bekam er rechtzeitig die Kurve von der Cola-mit-Rum-Mode in die Light-Zukunft. Also beste Aussichten für die Zukunft – für die Tropenträume der Jugend.
Zur Erfüllung von Tropenträumen dient er weniger, aber auch die Deutschen brauen sich übrigens einen original Rum-Cocktail zusammen, die Norddeutschen jedenfalls: den „Pharisäer“. Die heiße Mischung geht auf das Konto ostfriesischer Bauern, die sich in dunklen Vorzeiten, lange vor der Erfindung des Ostfriesenwitzes, etwas Gutes tun wollten. „Ihr Pharisäer“, tobte der Pastor, als er merkte, warum die Trauergesellschaft immer bessere Laune bekam. Die schlauen Bäuerlein hatten sich Rum in den Kaffee gegossen und oben einen Schlag Sahne aufgelöffelt, gegen die verräterischen Düfte.
Cocktail-Klassiker mit Rum:
Mojito
1 Limone, ungespritzt
2 Tl brauner Zucker
2 Minzezweige
5 cl weißer Rum
4 cl Mineralwasser
gestoßenes Eis
Limone achteln. Ins Longdrinkglas geben, mit Zucker bestreuen und stößeln. Minzezweige hinzugeben und vorsichtig nachstößeln. Rum, Mineralwasser darübergießen. Eis hinzugegeben. Umrühren.
Melon-Daiquiri
5 cl weißer Rum
3 cl Zitronensaft
3 Tl Puderzucker
¼ Honigmelone, ohne Schale und Kerne
Zutaten in der angegebenen Reihenfolge mit 6 Eiswürfeln in den Mixer geben. 1 Minute pürieren. Mixtur in ein großes Glas füllen.
Variante: Der klassische Daiquiri wird ohne Melone zubereitet.
Cuba Libre
5 cl weißer Rum
2 cl Zitronensaft
15 cl Cola
1/8 Limone
8 Eiswürfel in ein großes Glas geben. Rum, Zitronensaft und dann Cola darübergeben. Limonenachtel über Eis auspressen.
Planter’s Punch
5 cl Jamaikarum
2 cl Zitronensaft
2 cl Granatapfelsirup
10 cl Orangensaft
4 Eiswürfel in ein Glas geben. Zutaten in den Mixer geben. 30 Sekunden quirlen. Mixtur in das Glas mit Eis geben.
Variante: Mixtur mit Muskatnuss bestreuen.
Pina Colada
4 cl weißer Rum
3 cl Kokosnusssirup
2 cl Sahne
8 cl Ananassaft
Zutaten mit 4 Eiswürfeln in den Mixer geben. 1 Minute pürieren. Mixtur in ein Glas geben.